Die Angst vorm Kunden verlieren

20. September 2010, Pfaffenhofen, Deutschland

Ein Beitrag über Anna Hadzelek und ihre Idee, den Laden auf Zeit. Publikation jetzt.de

A feature about Anna Hadzelek and her idea, the shop on time. Publication: jetzt.de

In Pfaffenhofen können junge Gründer einen eigenen Laden auf Zeit eröffnen – ein Gespräch mit Anna über ihr Geschäft „studio_gwand“

Immer häufiger stehen in Kleinstädten Ladengeschäfte leer. Im oberbayerischen Pfaffenhofen machen Julia Stowasser, Katrin Stahl und Anna Hadzelek etwas dagegen. Sie gründeten gemeinsam mit der Stadtjugendpflege den studio_laden: Ein leerstehendes Geschäft wird jungen Existenzgründern bis zu sechs Monate umsonst zur Verfügung gestellt. Anna Hadzelek, 21, durfte mit ihrem Geschäft studio_gwand, einem Laden für junges Modedesign, das Projekt im August eröffnen. Ein Interview.

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jetzt.de: Anna, wie ist es, deine eigenen Sachen der Öffentlichkeit zu zeigen und sie zu verkaufen?

Anna: Das Ganze hat natürlich schon etwas von Hosen herunterlassen. Es ist komisch, diesen Schritt nach außen zu gehen. Aber wofür macht man es, wenn man es nie jemandem zeigt? Kleidung lebt ja vor allem vom Träger, von einem Gefühl, das sich entwickelt, wenn die Klamotte einfach gut ist. Meine Arbeiten gehören in die Hände und an die Körper.

jetzt.de: Wie berechnest du Preise?

Anna: Dazu habe ich mir einige Fragen gestellt: Was bin ich wert? Müssen die Sachen weniger kosten, nur weil ich meine Zeit gerne damit verbringe, Kleidung zu entwerfen und anzufertigen? Oder vielleicht aus selbem Grund mehr? Mittlerweile kosten die Kleider so viel, wie ich selbst für sie ausgeben würde.

jetzt.de: Könntest du davon leben?

Anna: Hier kann ich das gerade gut. Ich lebe kostenlos zu Hause, zahle keine Miete für die Geschäftsräume und dank der überschaubaren Größe Pfaffenhofens und wenig Konkurrenz sticht man schon heraus. In einer Großstadt wäre das schon ganz anders. Hier kann ich herumprobieren, ohne die ganze Zeit andere Jungdesigner vor Auge zu haben.

jetzt.de: Hast du Kunden?

Anna: Es kommen viele Leute. Manche gehen gleich wieder, wenn sie erfahren, dass das hier keine Änderungsschneiderei ist. Die anderen bleiben, schauen, interessieren sich sehr für meine Entwürfe und meine Erfahrungen. Gar nicht so selten kauft jemand etwas. Was ich anders eingeschätzt habe, ist die Zielgruppe. Viele, die in den Laden kommen, sind Mütter, Rentner und Menschen, die in Pfaffenhofen wohnen. Das ist sehr nett. Aber die Zielgruppe, die ich eigentlich im Kopf hatte, treibt sich schon woanders herum.

jetzt.de: Woran liegt das?

Anna: Leute bis 30 finden ihren Stil, ohne sich in Geschäften umzuschauen oder beraten zu lassen. Zum Einkaufen ziehen sie oft nur los, wenn sie genau wissen, was sie wollen.

jetzt.de: Was hast du bisher gelernt?

Anna: Ursprünglich dachte ich, dass ich mehr Zeit mit meinen eigenen Arbeiten verbringen kann. Ich habe nicht erwartet, so viel mit Buchhaltung oder Versicherungen beschäftigt zu sein. Außerdem war mir nicht bewusst, dass ich ein miserabler Verkäufer bin. Wenn jemandem ein Kleidungsstück gut steht, dann möchte ich es dem Kunden am liebsten schenken . . . Mittlerweile kann ich aber auch Nein sagen. Am Anfang dachte ich, ich müsste sämtliche Aufträge annehmen, weil mich jegliches Interesse schon geehrt hat. Auf einmal habe ich Vorhänge umgenäht und Arbeiten gemacht, die mir eigentlich nicht so liegen. Das mache ich jetzt wieder anders.

jetzt.de: Willst du nach Ende des Projekts wieder einen eigenen Laden haben?

Anna: Ja, aber der würde anders aussehen. Er wäre wahrscheinlich noch mehr Begegnungsstätte. Jetzt weiß ich außerdem, dass ich mich nicht alleine in so etwas wagen würde. Denn manchmal steht man vor einem Problem, da hilft eine zweite Meinung, um wieder Distanz zu gewinnen. Ach ja, und verkaufen sollte wohl jemand, der das besser macht.

Text/Fotos: Evi Lemberger

Publikation: jetzt.de

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